Reisebericht Armenien

 Armenien

03.09.2018

 

Wieder zurück in Georgien entschieden wir uns, nun Armenien zu besuchen, welches wir zuerst aus Zeitgründen ausgelassen haben. Einfachheitshalber fuhren wir mit dem Bus über die Grenze und blieben zuerst einige Tage am Sewansee auf 1900MüM. Viele recht teure Hotels teilen sich die wenigen Touristen. Der See ist wunderschön und wirkt in seiner vollen grösse wie ein Meer. Die alte Kirche Sewanawank auf der Halbinsel lockt viele Touristen an. Wir beobachteten hier russische Besucher und viele Busse kamen mit einer ganzen Horde von Interessierten an, einige auch deutschsprechend geführt. Schade, kommen sie nur kurz um die Kirche zu besuchen und geben am Ort kaum Geld aus.

 

Im ersten B+B wurden wir äusserst freundlich und mit viel Wärme aufgenommen. Leider sprechen die Gastgeber kein Englisch und wir kein Russisch. Nach ihrer politischen Meinung gefragt äusserten sie sich sehr zufrieden über den neu gewählten Präsidenten Paschinjan, Auch Präsident Putin und und Präsident Macron aus Frankreich finden sie gut, doch für ihre Nachbarn wie Iran, Türkei und Aserbaidschan hegen sie wenig Sympathie bis Ablehnung. Georgien fällt dabei noch passabel aus. Auch Amerika und Präsident Trump kommen nicht so gut weg.

 

Armenien wirkt wenn auch ärmlich doch gepflegt. Die Armut wird offensichtlich mehr versteckt. Eine Frau verkaufte am Strand Maiskolben und Sonnenblumenkerne, dabei wurde sie von den Angestellten des Strandbetriebs vertrieben. Wir beobachteten viel Unfreundlichkeit. Auch jüngere Leute jagten die Älteren wie Hunde weg. Wir hörten oft, wie irgendwelche Leute einander anschreien. Öfters war eine Gruppe Männer oder eine Gruppe Frauen auch mit Kindern unabhängig voneinander unterwegs.

 

Während Armenien das erste Land war, welches das Christentum als Staatsreligion erklärte, ist heute sehr viel Gottlosigkeit zu beobachten. Der neue Präsident bekennt sich zu Atheismus und unterstützt die weitläufige Abtreibungspraxis. Hinter einer kleinen Kirche auf der Überlandstrasse ist eine Woodookirche, mit ausgebranntem Baumkern. Am Radio läuft oft Woodoomusik.

 

Weiter in Jerewan staunten wir einmal mehr, wie intelligent und kreativ die Menschen sind. In keiner anderen Stadt sahen wir so kreative Angebote für Kinder wie hier. Leider gibt es gar nicht so viele Kinder, doch diese werden sehr liebevoll und zuvorkommend behandelt. Die Kinder sind nicht so angepasst wie beispielsweise in der Türkei, sondern sie haben ihre eigene Meinung und geben diese auch kund, dies entweder laut oder mit tief beleidigter Miene. Ihre Blicke sind wach und sie beobachten ihre Umgebung genau.

 

Viele Restaurants sind kreativ eingerichtet und die Menschen bei der Bedienung sind schlau, schnell verstehen sie, was unsere Wünsche sind.

 

Bereits kleine Kinder haben oft sehr ausgeprägte Augenbrauen und die vielen langen Haare sind bezaubernd. Gerade auch die Frauen haben eine ganz besondere Würde.

 

Wir besuchten das Museum vom Genozid, welcher vor mehr als 100 Jahren durch die Türken verübt wurde. Schonungslos werden tausende schreckliche Bilder von grenzenlosen Gräueltaten ausgestellt. Es scheint, als könne eine Menschenseele dieses Verbrechen nicht verstehen und einordnen. Diese Wunde sitzt noch heute tief in der Armenischen Seele und scheint sie zu lähmen. Tausende äusserst intelligente und gut ausgebildete junge Leute verlassen jährlich ihr Land, weil sie hier keine Perspektive sehen. Das Land steckt tief in der Korruption und scheint die Hoffnung auf ein neues Leben noch nicht gefunden zu haben. Der neue Präsident hat versprochen, die Korruption zu bekämpfen, doch ist noch nicht klar, ob er das wirklich schafft.

 

An unserem letzten Tag in Armenien war nach dreimonatigen Sommerferien wieder Schulbeginn. Die Kinder trugen alle ihre Uniform, wobei besonders die Mädchen mit ihren teils äusserst grossen, weissen Haarmäscheli auffielen. Sie brachten Blumen für die Lehrerin mit und wir haben herausgefunden, dass in diesem Blumenstrauss auch Geld steckt, so als Teil der besonderen Zuwendung, wenn nicht zu sagen der Korruption. Dieser erste Schultag war ein ziemlich grosses Ereignis, die Kinder wurden von ihren Eltern begleitet. Wenn auch das Leben hier oft hart und ist, so freuen wir uns über die Zuwendung und Würde, welche die Kinder hier zu ihrem Schulbeginn bekommen.

 

Ein Taxifahrer hat uns angeboten, uns als Privatfahrer zurück nach Tiflis zu bringen. Er war gleichzeitig Touristenführer, wobei er uns zu einigen abgelegenen Kirchen führte und nebenbei verköstigte er uns mit einem selber zubereiteten, leckeren Picknick. Wir fuhren die Strasse direkt an der Aserbaidschanischen Grenze Richtung Norden, welche wegen dem Verhärteten Konflikt ganz dicht ist. Nur ein kleiner Bach trennt die beiden Länder, wobei auf der anderen Seite alte Ruinen stehen. Nicht vorzustellen, wie viele Soldaten da hervorspringen könnten, falls wir den Fluss überqueren würden. Vor dieser Strecke wird bei den Ausländern abgeraten, weil es zu Schusswechseln kommen kann. Im armenischen Auto zusammen mit allen anderen Armeniern, welche ebenfalls fleissig diese Strasse benutzen fühlten wir uns einigermassen sicher.